News des Freundeskreises

„Wir bauen Brücken“ – Zehn Jahre Förderverein Freundeskreis der Mühlheimer Flüchtlinge

Seit zehn Jahren unterstützt der Förderverein „Freundeskreis der Mühlheimer Flüchtlinge“ die Arbeit mit Geflüchteten in unserer Stadt. Aus diesem Anlass lud der Verein zu einer kleinen, informellen Feier in das Kontakt-Werk ein.

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Die stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Gudrun Monat erinnerte in ihrem Grußwort an die Jahre 2014 / 2015, in denen die Stadt mit der Ankunft einer großen Zahl von Menschen konfrontiert waren. Es kamen so viele, dass ein Notquartier in der Seewiese nicht mehr ausreichte und ein Zelt aufgebaut worden war, um die Menschen zunächst einmal aufnehmen zu können. Kommunale Strukturen für eine solche Aufgabe gab es nicht, erinnerte Monat, die in dieser Zeit als Erste Stadträtin für die Sozialverwaltung zuständig war.

Ohne ehrenamtliche Helferinnen und Helfer wäre diese Mammutaufgabe nicht lösbar geworden. Bürgermeister Dr. Alexander Krey würdigte in seinem Grußwort das Engagement der vielen Freiwilligen, die bis heute in der Geflüchtetenarbeit engagiert sind. Sie zu unterstützen, sei die verlässliche Aufgabe des Fördervereins. Aufgrund der sich verändernden Lage stelle sich nun für alle die Aufgabe, Hilfsstrukturen zu verändern: vom Ankommen zur Integration.

Modell Mühlheim

Die Strukturen der Hilfsangebote, die in den letzten Jahren geschaffen wurden, besonders in der Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt seien vorbildlich, so Eva Scholz, die Leiterin des Fachbereichs Jugend und Soziales im Mühlheimer Rathaus, die für viele Jahre ehrenamtlich Geschäftsführerin des Fördervereins war.

Es sei gelungen, die anfänglich große Hilfsbereitschaft der Mühlheimerinnen und Mühlheimer in Projekte und Arbeitsteam zu kanalisieren. Patenschaften, Spiel- und Freizeitangebote, Kochgruppen, die Renovierung des Kontakt-Werks mit Geflüchteten, Vertrauensbildende Maßnahmen bei der Polizei, Stadtfeste, Informationsabende für die Stadtgesellschaft, Ausstellungen und Konzerte und vieles mehr haben Mühlheim in den vergangenen Jahren bereichert. Als die Arbeit mit Geflüchteten in der Corona-Zeit nahezu zum Stillstand kam, kam es für einige Projekte wie die Sachspendenausgabe (heute Sozialladen), die Hausaufgabenbetreuung oder die Fahrradwerkstatt zum Neustart. Andere Strukturen, die geruht haben, können abgerufen werden, wie es die beeindruckende Hilfe bei der Ankunft der Ukrainerinnen ab 2022 gezeigt habe, so Scholz.

Bernd Klotz, der Vorsitzende des Fördervereins, würdigte die Zusammenarbeit mit der Geflüchtetenberatung der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Offenbach Land e.V., der Stadtverwaltung, dem Kontakt-Werk e.V. und vielen Vereinen und Organisationen in den letzten zehn Jahren.   Ehrenamtliche des Freundeskreises würden für das Anliegen der Aufnahme und der Integration von Geflüchteten in unserer Stadt werben. Sie unterstützen Menschen, die wegen Krieg und Verfolgung aus ihrem Heimatland fliehen mussten, mit Zeit, Aufmerksamkeit und Spenden und gestalten vielfältige Hilfsangebote auf ehrenamtlicher Basis. Die kleine Jubiläumsfeier sei ein Ausdruck der Wertschätzung und Dankbarkeit für diesen großen Einsatz, so Klotz.

Populistischer Gegenwind

Aktuelle Herausforderungen skizzierte Enis Gülegen, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Hessen bei seiner Rede im Kontakt-Werk.

Der Gastredner würdigte die Flüchtlingsarbeit in Mühlheim. In den letzten Jahren habe sich die Stimmung gegenüber Geflüchteten aber grundlegend verändert. Ausgehend von der Gewissheit „Wir schaffen das“ (Angela Merkel) wäre heute Migration und Asyl in der deutschen Öffentlichkeit negativ bewertet. Geflüchtete seien schuld, so die populistische Propaganda, an der schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Situation des Landes.

Dem stellte sich Gülegen entgegen. Die Menschen hätten sich 2015 nicht wegen eines Jobs auf den Weg gemacht, sondern sie seien auf der Flucht gewesen. Insofern seien sie unvorbereitet für die Integration in den Arbeitsmarkt - sowohl sprachlich als auch institutionell gewesen. Viele litten unter den Folgen von Krieg und Vertreibung, verfügten über wenig Informationen, kaum soziale Netzwerke und hatten häufig Qualifikationen, die sich nicht ohne Weiteres übertragen ließen. Und trotzdem haben heute nach Studien 70 Prozent der Geflüchteten eine Arbeit. Ihr Beschäftigungsgrad nähert sich immer mehr dem der deutschen Bevölkerung.

Rechtspopulisten würden diese Entwicklung negieren. Im Gegenteil, Krisen werden mit der Aufnahme von Geflüchteten erklärt und die Menschen zu „Sozialschmarotzern“ degradiert, so Gülegen. Nach Darstellung des Erziehungswissenschaftlers gehört Rechtspopulismus zu einer offenen Demokratie. Doch nun müsse sich die Politik auf ein konstantes Phänomen einstellen und langfristig Gegenstrategien entwickeln. Denn rechtspopulistische und extreme Narrative seien inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Dem setzte Gülegen die Erfolge bei der beruflichen und sozialen Integration entgegen: „Die Aufgabe solcher Initiativen wie die Ihre (Freundeskreis), die Aufgabe der politischen Institutionen ist nicht damit abgeschlossen, dass wir die Geflüchteten nunmehr alle untergebracht haben. Jetzt kommt es darauf an, dass wir auch die 30% der Menschen befähigen, ihre Lebensgrundlagen selbst abzusichern“.

„Dafür brauchen wir eine Neuausrichtung der Hilfsstrukturen - vom Ankommen zum Miteinander-Leben in der Stadt. Wir brauchen Begegnungsräume und einladende Angebote in der Zivilgesellschaft. Ein wichtiger Ansatz ist es hier, aus Betreuten Akteure des bürgerschaftlichen Engagements zu machen, wie es in unseren Städten schon geschieht“, so Gülegen abschließend. 

Über uns

Der Freundeskreis der Mühlheimer Flüchtlinge gründete sich Anfang 2014 als Resultat einer Informationswoche unter dem Motto „Wir bauen Brücken – Flüchtlinge in Mühlheim – Wahrnehmen – Informieren – Helfen“. Mit diesem Projekt gelang es eindrucksvoll, das Thema „Flüchtlinge in Mühlheim“ positiv ins Stadtgespräch zu bringen. Seitdem wirken Ehrenamtliche des Freundeskreises für das Anliegen der Aufnahme und der Integration von Geflüchteten in unserer Stadt mit. Sie unterstützen Menschen, die wegen Krieg und Verfolgung aus ihrem Heimatland fliehen mussten, mit Zeit, Aufmerksamkeit und Spenden und gestalten vielfältige Hilfsangebote auf ehrenamtlicher Basis.

Ein Jahr später, 2015, wurde der Förderverein Freundeskreis der Mühlheimer Flüchtlinge e.V. gegründet. Seitdem akquiriert und verwaltet er Geldspenden zur Finanzierung der ehrenamtlichen Hilfsangebote für Geflüchtete und koordiniert sie.